Westliche Tatra Teil 1 - Liptovsky Mikulas bis Zuberec

Tatra Osteuropa Ostry Rohac Slowakei

Die Story

Das perfekte Chaos zum Beginn der Reise. Ich erreiche Liptovsky Mikulas kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Die erste Begegnung mit einem Menschen, ist ein alter betrunkener Mann im Unterhemd, der mich von der anderen Straßenseite anpöbelt. Daran kann ich mich gewöhnen. Ich checke in die Unterkunft ein, in der das Zimmer jedenfalls von innen mehr an eine Notfallunterkunft als an ein Hotel erinnert. Ich hole mir was zu essen und schlafe bis meine Wanderkollegen Simon und Konstantin ankommen. Nachts um 3 Uhr stehen sie vor der Tür, welche ich nicht öffnen kann. Da wir Konsi in unser Zimmer schmuggeln wollten, da wir nur 2 Betten gebucht hatten war das nicht gerade förderlich. Der Rezeptionist versuchte mit uns zu diskutieren, gab dann aber wegen sprachlicher Differenzen auf. So geht es also auch.
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"Hotel" Garni in Liptovsky Mikulas (32€ pro Nacht)
Am folgenden Tag geht es endlich los, alle packen ihre Sachen zusammen, Eiweißpulver wird verteilt, das letzte mal die normale Dusche mit ominösem Waschzeug genossen. Dann brechen wir auf. Erstmal einkaufen. Energy um in den Tag zu kommen. Wir werden gebeten die Mall zu verlassen, da man uns für Obdachlose hält. Lifetime-Achievement. Also starten wir gegen 12 unsere Tour durch den industriellen Teil von Liptovsky Mikulas. Nach einer knappen Stunde verlaufen wir uns das erste Mal, müssen durch Gebüsche und Gestrüpp und schließlich sogar einen flachen Fluss. Also Wanderschuhe ausziehen, alles technische Wasserfest verpacken und erstmal die Füße abkühlen. Auf der anderen Seite erwartet uns noch mehr Gestrüpp.
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Das Problem mit dem Fluss
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Der Ausblick kurz hinter Liptovsky Mikulas
Wir queren ein Feld und erreichen irgendwann doch noch ein Dorf (Bobrovec), von dem wir in eub neues Problem geraten: Welche von den Schluchten auf der Karte ist die richtige? Wir fragen die Leute in dem linear verlaufenden Dorf und machen uns auf den (hoffentlich) richtigen Weg. Nach philosophischen Gesprächen in dem Zauberwald durch den wir laufen und der Frage nach dem Sinn des Lebens nachgehen, erreichen wir endlich den Eingang der Schlucht und damit auch die ersten vernünftigen Wegmarkierungen. Fun-Fact: Ich hatte eine topografische Karte gekauft, allerdings für die Hohe Tatra, wir waren aber in der westlichen Tatra unterwegs. Sie half uns also kein bisschen weiter.
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Der verzauberte Märchenwald
Ab hier erwartet uns ein schöner kleiner Wanderweg, der nicht viel belaufen ist. Er folgt der Schlucht an deren linken Seite nach oben. Auf dem Weg finden wir Waldbeeren, legen uns wegen dem feuchten Boden ein paar mal auf die Fresse und kommen gut voran. Kurz vor dem "Gipfel" verlaufen wir uns allerdings, da wir nur eine Markierung, aber nicht deren Pfeil sehen. Also laufen wir weiter und weiter, in immer dichtere Büsche an einem Hang nach oben. Scheissidee. Absolute Scheissidee.


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Die Drecksbüsche die mit der Zeit dichter und dichter und dichter wurden.

Als es irgendwann so dicht wird, dass wir uns entscheiden umzukehren, sehen wir wie ein Ast den Rest des Pfeils verdeckte und in eine andere Richtung zeigte. Sehr gut! Wir erreichen den Hochpunkt, von hier (knapp 1600m) geht es nur noch bergab nach Zuberec. Den Waldweg auf die andere Seite der Tatra meistern wir relativ schnell, Konsi und Simon spielen dabei mit Mundharmonika den "Sozialarbeiter-Blues". Bob Dylan wäre stolz.
 Erst gegen 2000 erreichten wir Zuberec in der einbrechenden Dunkelheit. Von da aus würden wir einfach einen Bus zur Chata Zverovka nehmen. Denkste. Um die Zeit fuhr nichts mehr. Also machten wir das einzige logische: Wir setzten uns in die erste Bar die wir fanden, und zischten ein kaltes Bier, welches wir uns redlich verdient hatten. Zu unserem Glück saß in der Bar ein deutschsprachiges Pärchen, das hier in der Gegend lebte. Wir unterhielten uns mit ihnen, schilderten ihnen unser Problem. Sie waren sehr erfahren und konnten uns einige Touren in der Tatra empfehlen. Sie luden uns zu einem Fest in Zuberec kommende Woche ein. Wohl vergleichbar mit der Kirmes in Deutschland. Aber vor allem überzeugten sie den Barkeeper für uns, uns für 10€ zu der Hütte zu fahren. Weitere 10km zu laufen hätten wir in dem Zustand nicht mehr geschafft. Also saßen wir bei dem grimmigen, stillschweigenden Mann im Auto und fuhren durch einen dunklen Wald ins Nichts. "Genauso fangen Horrorfilme an" dachte ich mir. Mit allen Organen erreichten wir die Hütte dann und wir holten unseren Schlüssel. Das junge Mädchen, welches uns den Schlüssel überreicht beschreibt uns den Weg zu unserer Schlafhütte. Sie möchte nicht raus, da sie Angst vor den Bären in der Gegend hat. Klingt ja angenehm. Fun Fact: Tatsächlich ist die Slowakei das Land in Europa, in dem die meisten Bären leben. Gerade in der Tatra gibt es angeblich mehrere Tausend.


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Wir suchen also unsere kleine Holzhütte und finden sie ohne zerfleischt zu werden. Ein paar rostige Metallbetten bieten uns die optimale Bleibe für die Nacht. Sogar mit Dusche, auch wenn nur mit kaltem Wasser. Wir kochen uns noch Nudeln mit Pesto, die nach dem Tag besser schmecken, als sie aussehen und beenden den Tag, denn morgen wird ein langer Tag...

Die Tour

Nachdem Industriegebiet in Litovsky Mikulas wandert ihr durch einige kleine Dörfer, bis ihr durch den oben beschriebenen Zauberwald geht. Dort sind die Wege nicht immer eindeutig, aber wenn ihr einfach auf die Berge zulauft findet ihr die Schlucht. Ab der Schlucht beginnt dann der Weg, ausgeschildert zu sein. Aufgrund eines heftigen Sturms in der Tatra in 2004, der 2 Menschen das Leben kostete ist gibt es auf manchen Online-Karten (z.B. Outdooractive) noch Probleme mit der Tour. Man sieht in der Realität allerdings keinerlei Schäden mehr. Ihr müsst hier und da mal über Holzbrücken oder an einem etwas glatten Stein entlang, ansonsten gibt es eigentlich keine gefährlichen Stellen. Die Wurzeln stellen die einzige Stolpergefahr dar. Der Hochpunkt liegt bei etwa 1600m - Palenica. Von dort an geht es nur noch bergab. Von dort seht ihr auch die ersten Berge über 2000m zu euer Rechten. Der Abstieg geht relativ schnell und ihr kommt bald auf eine geteerte Straße, die euch in das Dorf hinein führt. Dort gibt es genug Möglichkeiten zum Essen und auch zum Einkaufen. Wenn ihr euch also für den folgenden Tag eindecken wollt - tut es hier. Wenn ihr Fragen habt, findet ihr bestimmt jemanden der deutsch spricht, eher noch als englisch. Die Leute sind allgemein sehr hilfsbereit und das Bier ist wirklich lecker! Das Höhenprofil ist dank des seltsamen Umweges etwas verkorkst, aber letztendlich legt ihr knapp 1000 Höhenmeter zurück. Klingt viel, geht auf der Strecke aber recht angenehm.
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Der Weg zum Gipfel

Die Chata Zverovka kann ich euch nur ans Herz legen: Die sehr angenehmen Blockhütten haben uns bei 3 Personen nur 7,5€ pp gekostet! Und das für mehr Privatsphäre, als man es von anderen Berghütten kennt.

Teil 2 : https://derwanderboy.blogspot.de/2017/08/westliche-tatra-teil-2-aufstieg-auf-den.html



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